IDeA
Integriertes Diagnose- und e-Assistenzsystem für Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration
Das Projekt IDeA wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und von zwei Universitäten, sowie Partnern aus der Industrie, durchgeführt. Das Ziel ist es ein System zu entwickeln, welches mehrere Funktionen für Personen mit altersbedingter Makuladegeneration kombiniert. Medizinische Diagnosen können durch günstige und portable Tests in virtueller Realität oder die Auswertung von Augenbewegungen im Alltag unterstützt werden. Weiterhin wird das Erlernen und Verbessern von visuellen Bewältigungsstrategien (bspw. exzentrischer Fixation) für Betroffene durch das System erleichtert. Außerdem wird Betroffenen in schwierigen Situationen eine leicht zu erkennende visuelle Erweiterung der Realität geboten um Informationen einfacher zugänglich zu machen.
Altersbedingte Makuladegeneration
Die Makula ist der Bereich auf der Netzhaut des Auges mit der höchsten Dichte an Rezeptoren. Dieser zentrale Sehbereich wird zum Fokusieren verwendet. Bei altersbedingter Makuladegeneration (AMD) wird die Makula durch Ablagerungen in der Netzhaut oder den Wildwuchs von Blutbahnen beschädigt. Dies führt zu einem Ausfall des zentralen Sehfeldes und erschwert Aktivitäten wie Lesen und die Interaktion mit kleinen Schnittstellenelementen wie Buttons.
Assistenzfunktionen
Im Zentrum des Teilvorhabens steht die nutzerzentrierte Entwicklung verschiedener Assistenzfunktionen auf Basis von erweiterter Realität (augmented reality oder AR), welche AMD-Patienten bei Alltagshandlungen unterstützen sollen. Dabei werden zum einen nachlassende Sehfunktionen kompensiert (z.B. durch Vergrößerung zur Leseunterstützung oder der Verstärkung von Kontrasten), zum anderen werden zusätzliche Informationen in das intakte Gesichtsfeld projiziert (z.B. Lokalisationshilfen bei Greif- und Zielbewegungen, semantische Umcodierung von Gesichtsausdrücken in Symbole). Es werden Ansätze für Kontextbewusstsein der Assistenzfunktionen entwickelt, d.h. das System setzt Funktionen selektiv und automatisch in Situationen ein, in denen der Nutzer sie benötigt. Im Fokus der Arbeit steht der Bau von funktionsfähigen Demonstratoren auf Basis von AR-Brillen in Kombination mit der Implementierung von Objekterkennung für verschiedenen Alltagsumgebungen wie z. B. Haushalt, Supermarkt oder Straßenverkehr. Das Teilvorhaben umfasst des Weiteren die Koordination der Verbundpartner sowie Entwurf und Implementierung einer Software-Plattform, welche eine Integration der verschiedenen im Verbund entwickelten Systemkomponenten (Assistenz, Diagnose, Multinutzerfunktionen) erlaubt.
Diagnose im Alltag
Im Teilvorhaben sollen neue Verfahren entwickelt werden, die eine implizite und fortlaufende Kontrolle der Sehfunktion im Alltag erlauben. Insbesondere soll untersucht werden, wie aus Blickbewegungen in realen und virtuellen Räumen implizit Rückschlüsse über die Existenz, Größe und Lage von Sehfelddefekten gezogen werden können. Der Nutzer trägt dazu eine Datenbrille mit integriertem Eyetracker und Umgebungskamera, die eine kontinuierliche Aufzeichnung und Auswertung der Blickbewegungen (u. a. in Reaktion auf speziellen AR-Inhalte) sowie ein automatisches Erkennen verschiedener Alltagshandlungen ermöglicht. Das Ziel ist es, zukünftig mit AMD assoziierte, pathologische Abweichungen vom normalen Blickverhalten bei Alltagsaktivitäten wie Lesen, Kochen oder Einkaufen möglichst frühzeitig und automatisch zu erkennen sowie das Ausmaß von Sehfelddefekte mit einem Genauigkeitsgrad zu erfassen, der eine Anpassung AR-basierter Assistenzfunktionen erlaubt. Mittelfristig soll ein großflächig einsetzbares Screening-Instrument für AMD zur Verfügung stehen, welches sehr kostengünstig wird, wenn AR-Headsets dieselbe Durchdringung des Marktes erreichen, die Smartphones heute haben.
Diagnose durch klinische Tests
Standardisierte Verfahren zur Untersuchung der Sehfunktion bei AMD sollen für den telemedizinischen sowie den alltagseingebetteten Einsatz erschlossen werden. Dazu werden computergestützte, AR/VR-basierte Varianten der Verfahren entwickelt und validiert. Der Schwerpunkt wird auf Verfahren gelegt, die sowohl technisch umsetzbar sind als auch den größten Erkenntnisgewinn bei einer telemedizinischen Untersuchung versprechen. Weiterhin wird überprüft, inwieweit sich die Dauer einzelner Testsitzungen durch die Integration von Testaufgaben in Alltagsaktivitäten verkürzen lässt, ohne die Validität des Testverfahrens herabzusetzen.
Training von Bewältigungsstrategien
In diesem Teilvorhaben wird ein implizites Fixationstraining implementiert. Dazu werden Augenbewegungen im freien Verhalten in Bezug auf ihre „Fixationsgüte“ quantifiziert, verschiedene Fixationstrainingsmethoden im freien Verhalten auf ihre Effizienz bewertet, und auf Basis von Trainingseffizienz und Invasivität wird ein implizites Trainingskonzept für den Alltag entwickelt. Die initiale Entwicklung erfolgt über die Methode des simulierten Sehfelddefektes in VR. Trainingsmethoden beinhalten die zusätzliche Manipulation der Sehinhalte, die die Entwicklung eines exzentrischen Fixationsortes optimieren (z.B. Augmentierung des Sehfelddefektes durch binokulare Präsentation, Präsentation von Defektrandbereichen oder systematische Maskierung von Bildinhalten). Das Trainingsprogramm wird an AMD-Patienten in realen Umgebungen evaluiert.